• by Gustav Wall Kommentar: Warum Volker Bouffier sich im digitalen Neuland verirrt hat
Kommentar: Warum Volker Bouffier im digitalen Neuland herumirrt

Die Trump-Wahl sorgt bei den etablierten Parteien und auch bei Meinungsforschern in Deutschland für Aufruhr. Beide lagen mit den Prognosen hinsichtlich der Ergebnisse der Präsidentenwahl in USA ziemlich daneben und suchen jetzt nach Erklärungen. 

Nach Erklärungen und am besten gleich nach Patentrezepten suchen die etablierten Parteien im aktuell anlaufenden Bundestagswahlkampf fieberhaft und hektisch. Die Fettnäpfchen sind dabei vorprogrammiert. Ein gutes Beispiel dafür brachte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier im Deutschlandfunk-Interview http://www.deutschlandfunk.de/volker-bouffier-zur-bundestagswahl-die-union-muss-aufs.868.de.html?dram:article_id=372451 am vergangenen Wochenende.

Selbstbeschwichtigung "Uns geht es gut. Das Land brummt." gehört in diesem Interview ebenso zum Gesprächsarsenal des hessischen Ministerpräsidenten wie seltsame Ansagen - "Wir dürfen uns auch nicht von den Sozialen Netzwerken einlullen lassen" - und Behauptungen "in dem Roboter mittlerweile fast 30, 40 Prozent der Meldungen machen". Ohne dass diese Behauptungen mit belastbaren Quellenangaben belegt sind. 

In einer hilflosen Posse erklärt der CDU-Politiker ganz nebenläufig die Rankingmechanismen als Bestandteil der Meinungsbildungsprozesse in der Online-Welt. Man kann dem Ministerpräsidenten nur empfehlen, sich von Fachleuten erklären zu lassen, was den Unterschied zwischen einem Chatbot und einem Suchroboter ausmacht und genauso warum millionenfaches Aufrufen einer Online-Meldung durch den Roboter keinesfalls dafür geeignet ist, um diese zu einer Top-Meldung zu katapultieren.

Besorgniserregend ist, wenn ein Parteifunktionär wie Volker Bouffier mit Ansichten wie "Im Interesse unseres Landes muss man sich wünschen, dass es starke Parteien gibt" die politische Agenda begründet. Dass eine starke Zivilgesellschaft im Interesse unseres Landes ist, hat der CDU-Politiker im zitierten Interview nicht erwähnt. Was in Kombination mit der Einordnung von Sozialen Netzwerken auf der politischen Landkarte von Volker Bouffier vermuten lässt, dass die Meinung der Zivilgesellschaft - auch wenn diese in Sozialen Netzwerken gebildet und über Soziale Netzwerke verbreitet wird - von Bouffier einfach ignoriert wird. Irrwege - nicht nur im digitalen Neuland - sind bei solcher Ignoranz unvermeidlich.

[1] Volker Bouffier zur Bundestagswahl. "Die Union muss aufs Engste zusammenbleiben", 27.11.2016 -  http://www.deutschlandfunk.de/volker-bouffier-zur-bundestagswahl-die-union-muss-aufs.868.de.html?dram:article_id=372451