• from 18:00 until 19:00 o'clock (Europe/Berlin)

  • Referent: Werner Rätz

    Die Europäische Union hat einen schlechten Ruf, und das in vielerlei Hinsicht zu recht. Und doch behaupten wir, dass bedingungslose Grundeinkommen nur auf EU-Ebene durchsetzbar sein werden, jedenfalls leichter als im nationalen Rahmen.

    Immer schon war "Brüssel" weit weg und galt als bürokratisch. In den EU-Verträgen wurde dann der Neoliberalismus in vielfältiger Weise festgeschrieben, nicht zuletzt mit dem Prinzip des "immer perfekteren Wettbewerbs". Und das Krisenmanagement nach der Finanz- und Wirtschaftkrise 2008 sowie das brutale Niederbügeln der griechischen Emanzipationsversuche 2015 kosteten die EU so gut wie das letzte Vertrauen.

    Da die EU-Institutionen keine Kompetenzen in sozialpolitischen Fragen haben, gibt es folgerichtig auch keine EU-weiten Sozialsysteme. Somit verfügen Kommission, Rat und Parlament heute unmittelbar über keine Instrumente, um mithilfe sozialer Verbesserungen neue Bindungen der Bürger*innen an die Europäische Union herzustellen. Angesichts der massiven inneren Krisenerscheinungen wird das Überleben der EU aber mittelfristig davon abhängig sein, ob sie es schafft, Elemente solcher sozialen Bindung zu entwickeln.

    Europäische Tarifverträge, europäischer Mindestlohn, Ausbau von EU-Ausgleichzahlungen zu Instrumenten europäischer Armutsbekämpfung sind schon in der Diskussion. Europäische Grundeinkommen könnten der Königsweg sein. Es müsste dafür kein bestehendes Sozialsystem gründlich umgebaut oder gar aufgegeben werden, wie es in fast jedem Mitgliedsstaat der Fall wäre. Schon kleine Beträge würden in den armen Ländern die soziale Lage der meisten Menschen erheblich verbessern. Zudem gibt es schon verschiedene Zahlungen an EU-Staaten, um unterschiedliche Belastungen auszugleichen, und in der Landwirtschaft wird viel Geld bisher ausschließlich nach Flächengröße verteilt. Eine Umstellung auf betroffene Personen wäre ohne finanziellen Mehraufwand machbar.

    All das muss nicht so kommen. Die Widersprüche und Widerstände sind groß. Aber die Forderung nach "bedingungslosen Grundeinkommen überall in der EU" ist politischn höchst brisant und es lohnt sich, sich damit genauer zu beschäftigen.

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