Kritik unerwünscht: Himmelpforter Ortsvorsteher droht mit „rechtlichen Konsequenzen“

Ein bemerkenswertes Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit ließ der Himmelpforter Ortsvorsteher in seiner Eigenschaft als Sitzungsleiter bei der StvV am 23.6.2022 erkennen, indem er erklärte: Wenn von einer „Bananenrepublik“ gesprochen werde, müsse man schon über „rechtliche Konsequenzen“ nachdenken. Strenge Blicke richtete er dabei auf die Vertreterin der „Initiative Turnerplatz“ sowie auf den Himmelpforter Stadtverordneten Lothar Kliesch. Was war geschehen?
Die Initiative Turnerplatz hatte einige kritische Fragen zu der geplanten Abtrennung und separaten Vermarktung von fünf kleinen Grundstücken aus dem großen gewerblichen Gelände in Pian gestellt. (Die Fragen sind im Wortlaut im vorangegangenen Beitrag hier nachzulesen.)
Einige Stadtverordnete zeigten sich ebenfalls unzufrieden mit den Plänen, die nun zum zweiten Mal in die StvV eingebracht wurden. Der Stadtverordnete Kliesch wies mit Zitaten aus dem Bebauungsplan auf die Rechtslage hin und berichtete von der Millioneninvestition mit Steuermitteln für die Infrastruktur (Zufahrtsstraße) für dieses Feriengelände, wie bereits bei der Ortsbeiratssitzung im April. Die Stadtverordneten Kleßny und Röwer forderten mit Blick auf den Mangel an Bauland in Fürstenberg, die Grundstücke besser als reguläre Wohngrundstücke zu verkaufen. Dies jedoch ist nach dem geltenden Bebauungs- und Flächennutzungsplan nicht möglich. Der StV Kleßny beantragte daher mit der Begründung, nach 15 Jahren sei ja ohnehin eine Aktualisierung erforderlich, eine Änderung des Bebauungsplans. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ebensowenig wie als Bauland können Parzellen aus diesem Gelände aber nach dem geltenden Plan als individuelle Erholungsgrundstücke genutzt werden. Denn wenn ein Grundstück – vereinfacht gesagt – mit mehr als einem Fahrradschuppen bebaut ist, aber weder als normaler Wohnsitz dient noch zu gewerblichen Zwecken, muss dort nach der entsprechenden Fürstenberger Satzung ein Zweitwohnsitz angemeldet werden. Zweitwohnsitze sollen aber auf dem betreffenden Gelände in Pian nach dem Bebauungsplan ausgeschlossen sein, wie es dort ganz ausdrücklich und unzweideutig heißt (Ziffer 2.1). Der Bebauungsplan sieht dort ein Gelände zur touristischen Vermietung vor, mit dem Ziel einer wirtschaftlichen Entwicklung des Ortes.
Doch weder von der Rechtslage noch von sonstigen Sachargumenten zeigte sich die Mehrheit der anwesenden Stadtverordneten beeindruckt: Sie nahmen den Beschlussvorschlag schließlich dennoch an. Hierfür reichten sieben Ja-Stimmen der Fraktionen CDU/Kloß, PRO Fürstenberg, AFO und Linke/Kuhlmann.
Der gesamte Vorgang wirft nicht nur viele Fragezeichen auf, sondern leider auch einmal mehr ein schlechtes Licht auf die Fürstenberger Lokalpolitik und Verwaltung. Denn die für die Verkaufspläne genannten „Argumente“ sind nicht nachvollziehbar:
Keine „dunklen Fenster“ mehr in Himmelpfort, wenn in Pian neue Grundstücke verkauft werden?
Investoren sollen sich vorstellen, wenn der Rest des Geländes verkauft wird – warum dann nicht VOR der Abtrennung und dem Verkauf der 5 neuen Einzelparzellen?
Eine private Nutzung soll unproblematisch sein, obwohl laut Bebauungsplan ein „Ferienhausgebiet“ mit „touristisch genutztem, ferienmäßigem Wohnen“ festgesetzt wird und „auf keinen Fall Zweitwohnsitze entstehen [sollen]“?
Jenseits der Angelegenheit „Pian“ gibt aber vor allem die Drohung des Ortsvorsteher mit „rechtlichen Konsequenzen“ Anlass zum Nachdenken. Denn wo sieht er hier eine rechtswidrige Handlung? Es wäre um Deutschland schlecht bestellt, wenn kritische Nachfragen an den Politikbetrieb und die Äußerung einer Meinung, die nicht der des Ortsbeirats entspricht, rechtlich sanktioniert werden könnten. Hoffen wir mal, dass wenigstens dies auch in Fürstenberg und allen Ortsteilen weiterhin gilt und respektiert wird.

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