Faktencheck zum Mädge-Interview : Darum darf man nicht im Grüngürtel bauen!

Zum Interview in der Landeszeitung vom 10. Oktober 2020, Seite 7

Unter der Überschrift "Ort für nachhaltige digitale Gründungen" hat der OB seine Absicht, wertvolle Flächen im Außengebiet zu versiegeln, zu begründen versucht.

Wir überprüfen seine Behauptungen und kritisieren die Absicht.

Behauptung:
*2015 hat der Rat mehrheitlich ein Wohnungsbauprogramm beschlossen, das die Neubaugebiete fixiert. *

Check: Im Beschluss aus dem Jahr 2015 wurden keineswegs die Neubaugebiete im Grüngürtel "fixiert"; "Wienebüttel" und ein nicht näher bezeichneter "Campus" wurden unter zahlreichen anderen als "potentielle Baulandflächen" mit zudem wenigen Wohneinheiten aufgezählt. Frühere Beschlüsse zur Freihaltung des Grüngürtels wurden damit nicht außer Kraft gesetzt.

Behauptung:
Für Startup-Unternehmen, die in Kooperation mit der Universität zusammenarbeiten, braucht es Räume, wo gemeinsam entwickelt wird. Unser Digital-Campus ist ein Ansatz zu den bestehenden Gebäuden auf dem ehemaigen Uni-Standort Volgershall.

Check: Das Fraunhofer-Institut ist aus dem Volgershall-Gebäude ausgezogen. Der Geschäftsführer des Unternehmens im Volgershall-Gebäude sieht keinen Bedarf für Wohneinheiten. Der jetzige Mädge-Entwurf des Bebauungsplans sieht aber hauptsächlich Wohngebäude vor, leider auch - weitab vom "Campus" an der Grenze zu Reppenstedt. Räume für gemeinsame Entwicklung mit der Universität sind nicht geplant. Im Gegenteil: Die Universität braucht solvente Käufer für den von ihr aufgegebenen Standort Volgershall, um die aus dem Plan gelaufenen Kosten für den Libeskindbau (Audimax) zu finanzieren.
Ein richtiger Digital-Campus ist damit nicht in Sicht.

Behauptung: Über den Bebauungsplan „Digital-Campus/Grüngürtel West“ wollen wir den Grüngürtel sichern. Größtenteils handelt es sich um Ackerflächen, die man nicht unter Natur- oder Landschaftsschutz stellen kann.

Check: Das stimmt nicht. Auch Ackerflächen - hier in Verbindung mit dem Königsweg - könnte man unter Natur- oder Landschaftsschutz stellen. (LSG, § 26 BNatSchG, § 19 NAGBNatSchG). Schon die besondere Bedeutung von Natur und Landschaft für die Erholung reicht aus. Dies trifft insbesondere für den Königsweg und den Kranken Hinrich zu!

Mädge weiter:
indem wir Ersatz- und Ausgleichsflächen drauflegen und diese im B-Plan festsetzen. So können wir den Grüngürtel zum Beispiel in Höhe von Reppenstedt und dem geplanten Digital-Campus mit 330 bis 580 Breite sichern.

Richtig ist: Ersatz- und Ausgleichsflächen sind ein unzulänglicher Schutz . Zudem soll der Grüngürtel nicht nur in einer Breite von 300 oder 580 Metern gesichert werden. Im Beschluss des Rats vom 1. Oktober 2014 heißt es:

**Der Landschaftsraum im Westen von Lüneburg zwischen den Gemeinden Reppenstedt, Vögelsen und Heiligenthal und der Wohnbebauung der Stadt wird planerisch langfristig für den Natur- und Landschaftsschutz und die Naherholung gesichert.
Bei der Aktualisierung des Landschaftsplanes und des Flächennutzungsplans der Hansestadt Lüneburg sowie der Überarbeitung des Landschaftsrahmenplanes des Landkreises sollen diese Flächen von Bebauung und Verkehrswegen frei gehalten werden.

a) Die in dem Beschluss genannte Fläche ist mit der Beschreibung "Der Landschaftsraum im Westen von Lüneburg zwischen den Gemeinden Reppenstedt, Vögelsen und Heiligenthal und der Wohnbebauung der Stadt" eindeutig gekennzeichnet. Dort gibt es keine Konkretisierung etwa durch den Zusatz "mindestens aber in einer Breite von 380 oder 550 Metern", auch keine weitere Begrenzung durch die "Hochspannungsleitung".

b) Im Flächennutzungsplan soll diese Fläche - so heißt es - von Bebauung freigehalten werden. Mit den Plänen zur Bebauung des Grüngürtel im Bereich außerhalb der bisherigen Wohnbebaung (im Außenbereich) verfolgt Ulrich Mädge eine entgegengesetzte Politik.

c) Der geltende Flächennutzungsplan sieht für die genannten Flächen, insbesondere auch dort, wo Mädge jetzt bauen will, Ackerflächen (landwirtschaftlich genutzte Flächen) vor. Eine Ausnahme bildet ein Teil der Fläche um das Gebäude der ehemaligen Fachhochschule Volgershall, das als Sondergebiet Hochschule ausgewiesen wird.

Der geltende Landschaftsplan 1996 für Lüneburg sieht für das Gelände Volgershall vor:

*"Eine Bebauung dieser Fläche ist aufgrund der Schutzwürdigkeit bzw. Bedeutung des 'Kranken Hinrich' für Naturhaushalt und Landschaftsbild (Vernetzungsfunktion, Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere, historische Wegebeziehung nach Gut Hasenwinkel) ausgeschlossen. Außerdem würde ein weiteres Vordringen der Siedlungsnutzung von Lüneburg nach Osten und Reppenstedt ein Zusammenwachsen mit der Stadt Lüneburg bewirken. " *(Landschaftsplan 1996, Textteil, Seite 143)

und für Wienebüttel:

Wienebüttel (Wohnen) *"Die Fläche kann aufgrund der durch die Wohnbebauung zu erwartenden direkten und indirekten, zum Teil nicht ausgleichbaren Auswirkungen auf Klima, Boden, Wasser, Flora und Fauna sowie Erholung (auch in der weiteren Umgebung) nicht bebaut werden. Im einzelnen liegen folgende Gründe vor: Eine großflächige Bodenversiegelung klimatisch wichtiger Hanglagen kann durch planerische Maßnahmen nicht ausgeglichen werden. Die Oberflächenwasserentsorgung ist bei den vorhandenen geringen Versickerungsmöglichkeiten im Baugebiet problematisch, da die wertvolle und empfindliche 'Vögelser Rinne' keine weiteren Belastungen verträgt. Auch Grundwasserveränderungen sind in einem (teilweisen) Vorranggebiet für Wassergewinnung sehr problematisch. Die geplante intensive Siedlungsnutzung würde aufgrund der Nähe zu attraktiven, aber gleichzeitig empfindlichen Landschaftsteilen (LSG und NSG-würdig), durch zunehmenden Erholungsdruck deutliche, zum Teil irreparable, Schäden hervorrufen. Die Siedlungsnutzung würde zu ihrer Erschließung eine ökologisch nicht verträgliche Westrandstraße erforderlich machen. Außerdem würden mit der Siedlungsnutzung die Insellage des denkmalgeschützten Gutes Wienebüttel sowie der Eindruck unbebauter Landschaft verloren gehen." *(Textteil, S. 142)
Ebenso sind im Landschaftsrahmenplan von 2017 die Fläche östlich des Königswegs und weite Teile des Grüngürtels im Westen, die Mädge bebauen will, gekennzeichnet mit dem Merkmal „Freihalten von Landschaftsräumen und Ausschluss von Bebauung (Karte 2 ZielkonzeptKarte2_Zielkonzept).

Die Fläche war also planerisch schon gesichert, Mädge verstößt mit seinen Bauabsichten gegen diese Plangrundlagen.

Mädge weiter im Interview:
Es war ein Grundsatzbeschluss des Rates, ohne die Fläche des Grüngürtels präzise festzulegen. Das soll nun durch den Bebauungsplan erfolgen. In Höhe des geplanten Bebauungsgebietes Wienebütteler Weg wird die Grenze des Grüngürtels durch die Hochspannungsleitung festgelegt – wie ich das jüngst auf der Bürgerversammlung erläutert habe.

Check: Dass die Fläche nicht festgelegt sei, dass die Sicherung durch einen Bebauungsplan erfolgen sollte, und dass die Hochspannungsleitung eine Rolle spielt, ist pure Erfindung. Man vergleiche den Text den Beschlusses!

Der Antragstext des Beschlusses, den der Rat der Stadt Lüneburg am 1. Oktober 2014 Gefasst hat, liegt an.

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